Barfuß im Grünen

Unweit von Wien und doch völlig abseits der Stadt hat ein Paar einen sehr besonderen Ort geschaffen, mit Gemüsegarten, Bienenstöcken und Teich, schwedischen Tipis und skandinavischem Schick. Ja-Sagen darf man dort zum oder zur künftigen Lebenspartner:in ebenso wie zum ausgiebigen Brunch oder einer guten Flasche Wein.

Werber lieben Schwarz. Im Fall von Florian Mainx trifft dieses Vorurteil zu: schwarzer Tesla, schwarzes Shirt, schwarzer Hut. Als schöner Kontrast herrscht um ihn herum sattes Grün. Hier der Gemüsegarten, dort die Weinreben und ein unverzagt wachsendes Olivenbäumchen. Neben einer Feuerschale stehen Bastsonnenschirme, im Hintergrund leuchten Kornblumen- und Klatschmohnfelder. Hier fühlt sich nicht nur die Australian-Shepherd-Hündin Lili wohl. Der Wohlfühlort überrascht mit den beiden mit Tischen, Stühlen und Holzboden ausgestatteten Tipis, acht Meter hoch, zehn Meter breit. Der Innenraum ist beheizbar. Wobei das Wetter heute eher nach einer Runde Teich verlangt, der sich, umgeben von Liegestühlen und Sitzsäcken, praktischerweise direkt dahinter befindet. „Legendär leger“ lautet der Slogan dieses Refugiums, das dazu verführen soll, die Schuhe auszuziehen, sich mit Freund:innen in die Wiese zu setzen, eine gute Zeit zu haben. 

Gemeinsam mit seiner Partnerin Lisi Umathum hat der selbst ernannte Landbub Florian hier, im verschlafenen Ort Arbesthal, ein gar nicht so kleines Paradies geschaffen. Eineinhalb Hektar groß ist das Gelände des Franz von Grün. Begonnen hat alles mit einem Kellergassenhaus. Fünfundvierzig Jahre lang befand sich dort ein Heuriger, an den vormaligen Besitzer erinnert der Name Franz. Florian kannte das Gebäude schon lange, weil direkt daneben seine auf Weingüter und Innenarchitektur spezialisierte Werbeagentur ihren Sitz hat. Ob man daraus nicht etwas machen könnte? Man konnte. Das alte Haus wurde kernsaniert und geschmackvoll im minimalistisch-skandinavischen Stil eingerichtet, mit Trockenblumensträußen, Wänden in Lehmoptik, einer Betonbar und unzähligen von der Decke baumelnden Glühbirnen. Besonders schön leuchten sie im oberen Spitzdachstockwerk, über schwarzen Wegnersesseln. Perfekt für mehrgängige Menüs, oder? „Ein Restaurant zu eröffnen war nie der Plan“, verrät der permanent unter Kreativstrom stehende Betreiber.

Im Eröffnungsjahr 2021 gab es kaum mehr als die vage Idee einer Eventlocation, für Hochzeiten, Geburtstage, Firmenfeiern. „Damals habe ich gekocht und Lisi serviert.“ Geschadet hat sicher nicht, dass seine wie er aus Bruck an der Leitha stammende Partnerin jahrelang in einem Heurigen gekellnert hatte. Schnell nahm die Sache Fahrt auf. Von einer Schwedenreise brachte das Paar die eingangs erwähnten Tipis mit, 2023 kam der Teich hinzu, wo sich Paare gerne das Ja-Wort geben. Daneben stehen zwei schwarze Container, in denen eine mobile Bar untergebracht ist. Weil es Stillstand bei einem unruhigen Geist wie Florian nicht geben kann, werkeln Bauarbeiter an einem weiteren, pechschwarzen Gebäude herum. Dessen vier Richtung Garten komplett verglasten Räume sollen zunächst als Ankleidezimmer für Hochzeitspaare dienen, später vielleicht mal vermietet werden. Eine Pergola wird es auch bald geben, darunter eine Outdoor-Küche mit Grillstelle und Brotbackofen. Des Weiteren wird der Weinkeller zum Verkostungsraum ausgebaut und im Erdgeschoss nimmt eine Greißlerei Form an, wo künftig Weine und Produkte der Region verkauft werden. Dabei ist es Florian wichtig, die Einheimischen einzubinden: „Wer auf ein Achtel vorbeikommen möchte, ist herzlich willkommen.“ Dazu passt, dass Franz von Grün seit vergangenem Jahr sonntags Frühstück serviert. Das Wort Brunch ist dem Betreiber zu ausgelutscht, stattdessen spricht er von „geilen Produkten von Freunden, die von uns aufgetischt und aufgeschnitten werden.“ You name it: Trüffelbrie und Trüffelschinken von Stefan Windisch, in Franz-Chardonnay eingelegter Schafskäse und viel Saisonales aus dem eigenen Gemüsegarten. Abgesehen davon werden donnerstagabends Menüs serviert und immer mal wieder Wein- und Gastroevents veranstaltet. 

Florian Mainx und Lisi Umathum

Das Wort Brunch ist zu ausgelutscht, stattdessen gibt es geile Produkte von Freunden, die von uns aufgetischt und aufgeschnitten werden.

Florian Mainx und Lisi Umathum

Das Kerngeschäft allerdings sind und bleiben private Feiern. Siebzig Hochzeiten stehen heuer im Kalender, mit bis zu 130 Gästen. Aus aller Welt reisen die Gäste an: aus Australien, aus Südamerika und auch aus den verstecktesten Ecken Österreichs. Praktischerweise ist der Flughafen Schwechat keine fünfzehn Autominuten entfernt, bis nach Wien sind es 35 Kilometer. In Sachen Kulinarik bekommt das Paar Unterstützung von einem jungen Team aus dem Hotel Sacher. Auf dem Beispielmenü stehen Perlgraupenrisotto, Karfiol mit Brunnenkresse und Ribisel und rosa Beiried mit Kräuter-Demi-Glace. Paare, die sich in Wien kennengelernt haben, bekommen, Stichwort Sonderwunsch, aber auch Frittatensuppe und Schnitzel. Saibling von der Rax, Prosciutto aus dem Burgenland: Viele Zutaten stammen aus der Region, teilweise sogar ̶ gemäß dem Motto „vom Feld auf den Teller“ ̶ aus jenem Gemüsegarten, den Gärtnerin Silvia verantwortet. Die Lieferant:innen der Bienenpollen auf der Crème Brûlée summen in Hörweite, denn zum Franz von Grün gehören auch einige Bienenstöcke. 

Florian, der neben der Eventlocation und seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Werber auch den Wiener Edelimbiss Tatarie Marie betreibt, hat sogar noch Zeit für weitere Projekte. Dieses Jahr wird er ein über hundert Jahre altes, aufwendig saniertes Ferienhaus in Bruckneudorf fertigstellen, das Platz bietet für zehn Gäste. Ein von einem verwunschenen Garten umgebener Bau mit antikem Dielenboden und ausgebautem Dachstuhl, im selben ultra-ästhetischen Stil gehalten wie sein Arbesthaler Sehnsuchtsort. Schwarz ist dort nur der Kühlschrank. Gefüllt ist er unter anderem mit Wein, der aus jenen Weinreben gewonnen wird, die auf dem Franz-von-Grün-Gelände wachsen.